Um was geht es?
SVP, FDP und CVP wollen die Kinderabzüge bei den direkten Bundessteuern von 6‘500 auf 10‘000 Franken pro Kind erhöhen. Dies führt zu Steuerausfällen von 370 Millionen Franken im Jahr. Was verlockend tönt und als Familienförderung verkauft wird, ist reiner Steuer-Bschiss auf dem Rücken des Mittelstandes.
Die wichtigsten Argumente
Vom Kinderabzug-Bschiss profitieren fast ausschliesslich Topverdiener-Familien, die nur 6% aller Haushalte ausmachen: SVP, FDP und CVP betreiben damit zum wiederholten Male Klientelpolitik für die, die es am allerwenigsten nötig hätten.
Der Mittelstand muss den Kinderabzug-Bschiss bezahlen: Der Kinderabzug-Bschiss kostet die Allgemeinheit 370 Millionen im Jahr. Geld, das woanders fehlt. Wenn aufgrund der Steuer- ausfälle Prämienverbilligungen gestrichen und Kita-Tarife erhöht werden, sind Mittelstandsfami- lien als erste betroffen.
Familien mit tiefen und mittleren Einkommen werden übergangen: Jene Familien, welche dringend auf Entlastung angewiesen wären, haben überhaupt nichts von dieser Vorlage. Fast die Hälfte der Familien mit unterstützungsberechtigten Kindern zahlt erst gar keine Bundessteuer, weil sie zu wenig verdienen. Sie können daher auch keine Abzüge machen.

Die 370 Millionen werden wirkungslos verschleudert: Wer eine halbe Million im Jahr verdient, ist auf eine Steuererleichterung von maximal 910 Franken definitiv nicht angewiesen. Das Geld wäre bei Familien mit tiefen und mittleren Einkommen wirkungsvoller eingesetzt.
Die Vorlage ist eine versteckte Herdprämie: Statt Kitas und damit die Gleichstellung zu fördern, zementiert die Vorlage Rollenbilder von gestern. Die Abzüge sind so gestaltet, dass innerhalb der Topverdiener-Familien vor allem Alleinverdiener-Ehepaare profitieren. Familien, bei denen beide Eltern arbeiten, können erst ab einem Bruttoeinkommen von 300 000 Franken den Maximalabzug geltend machen.
Wirksame Familienpolitik geht anders: Wie zahlen wir die steigenden Krankenkassenprä- mien? Wo finden wir eine bezahlbare Wohnung? Hat es noch freie Kita-Plätze? Diese Fragen beschäftigen die Familien. Wer wirksame Familienpolitik betreiben will, muss dort ansetzen und nicht Geld für nichts und wieder nichts zum Fenster hinauswerfen. So könnten mit den 370 Millionen Franken, die CVP, SVP und FDP den Topverdiener-Familien zuschanzen wollen, die Prämienverbilligungen für Kinder nahezu verdoppelt werden.
Die Lohnschere öffnet sich weiter: Ein Blick auf die Lohnentwicklung in der Schweiz zeigt eindeutig,1 dass in den vergangenen Jahren die obersten Löhne deutlich stärker gestiegen sind als die tiefen und mittleren Löhne. Kommt hinzu, dass den Topverdiener-Familien wiederholt Steuererlasse zugeschanzt wurden, die Belastung des Mittelstandes aber zugenommen hat. Der Kinderabzug-Bschiss würde diese ungerechte Dynamik verschärfen, die obersten Einkom- men entlasten und damit das Fundamentalprinzip der Steuergerechtigkeit untergraben: An die Stelle der fairen Steuerprogression wollen FDP, SVP und CVP ein neues Motto rücken: Wer hat, dem wird gegeben.
Geschichte des Referendums
Ursprünglich wollte der Bundesrat die Obergrenze für den Kinderdrittbetreuungsabzug von heute 10 100 Franken auf 25 500 Franken anheben. Kostenpunkt: 10 Millionen Franken. Damit wollte er erreichen, dass gut qualifizierte Frauen in wohlhabenden Verhältnissen mehr arbeiten gehen. Die Kantone sowie alle Experten haben die erwarteten Beschäftigungseffekte zwar stark angezweifelt, doch immerhin ging es im Weitesten noch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aufgrund eines Einzelantrags von CVP-Nationalrat Philipp Kutter kam es dann im Nationalrat zum völlig willkürlichen Entscheid, in die Vorlage über die Drittbetreuungskosten noch eine Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs von 6500 Franken auf 10000 Franken einzubauen. Das hatte mit Drittbetreuung gar nichts mehr zu tun und führte zu einer gewalti- gen Aufblähung der erwarteten Steuerfolgen: Aus 10 Millionen Franken wurden Steuerausfälle von 370 Millionen Franken. 80 Millionen davon müssten die Kantone tragen, welche vorgän- gig nicht einmal konsultiert wurden und den Beschluss deshalb auch kategorisch ablehnen. Für die SP war klar: Was verlockend tönt und als Familienförderung verkauft wird, ist reiner Steuer-Bschiss auf dem Rücken des Mittelstandes. Dagegen brauchte es ein Referendum. Jetzt braucht es ein NEIN an der Urne.
Achtung Etikettenschwindel!
Obwohl die «steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreu- ungskosten» nur noch einen ganz kleinen Teil der Vorlage – genauer 1/38 – ausmacht, wird der Kinderabzug-Bschiss unter diesem Namen dem Stimmvolk zur Abstimmung unterbreitet. Die Stimmbürger*innen werden damit in die Irre geführt, die unverfälschte Stimmabgabe erschwert. Das ist undemokratisch und gehört sich nicht.